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Geschriebigtes - Gedichtigtes 1995 suchen und finden im NO!art-Archiv

BORIS LURIE: GESCHRIEBIGTES / GEDICHTIGTES 1995
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Apfel-Belügen
Ich wollte Schlittschuh
Man schwebt mit Macht
Du weisst:
Es scheint’s
Wir nehmen uns
What’s more to eat?
Der sanfte Gardeoffizier
Es wimmelt grob New York
Ah! wie der Zentral-Organ
 

Der Liebe
Wann ist benannt
So möchte ich mich
Wenn ich vom Schlafenreiche
Ich stehe auf
Der Heldentag ist dann
Ich schreib an das Archivat
Ein sonderlich Für-Sich-Leben
Man strebt mit Macht und Seele

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[1995]

APFEL— BELÜGEN
TOTENBETRÜGEN

MICHNICHTBETRÜBEN — —

SPIEGELGEHÖR
LEUTNUTZER-SPEZIALIST

EIN SINNLICHES VERUNSTÄNDNIS

DER SAMMELPUNKT
FÜR DIE SCHWERWÄSCHE.
 

+ + + + + + + + + + + + + + + + + + + +

[1995]

Ich wollte Schlittschuh
auf den Felsen laufen.
Wassersaufen
Durch die Sorgen sähen.
Dann wär ich ganz zufrieden

WARTE NICHT!
 

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[12. Januar 1995]

Man strebt mit Macht und Seele
dem Vater, eine Zuckertüte,
mit ins Zuckerbein zu prägen:

Dann, Krach!
Die Hühner stürzen sich
auf das mit Milch volle Waschbecken.
Die kleinen Hunde treiben sie hinweg und lecken.
Die grossen Bullenhunde packen sie im Maul,
spielerisch scheint es
und Knack, ein kleines hässlich´ Stöhnen.

Ich lauf zur Wirtin:
"Die Hunde töten kleine Hunde!"
Was kann sie tun?
Sie ist in ihrem huren-weichen Bett wie immer:
"Naja die Aktionismen sind schon glücklich überwunden."
 

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[8. Juni 1995]

Du weisst:
   Woher weisst Du?
      Durch wen weisst Du?
         Wieso, weisst — — Du?
            Und was weisst Du
was wir nicht wissen werden,
wissen können.
 

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[9. Juni 1995]

Es scheint´s:
´s ist´s           weiss
und steinern
schweben himmels die Gerüchte.

Es   schweisst´s
Gefrorenes
mit Ohren,
die Gesichter.

Es   schneint´s
mit Schnee,
die stummen Glocken sinken,
heben uns sich zu

und Hirnenmasse
mit Nervenstärke
entzückt das Fressen
dieser Wolkenhülle.

Ich weiss, gar nichts
und weniger,
mit jeder neuen, klugen Stunde.
Das Wasser pisst wie Frühlingsschnee
vom Stachelzaun
zur heilig Untergrunde.
 

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[11. Juni 1995]

Wir nehmen uns das Küchenmesser
und schneiden durch den Dampf;
dann schnitzeln wir das Wasser
in bequeme Scherbchen.

Das Feuer auf dem Herd wird sinngemäss
in Andachtskerzen umgehaucht,
dann saugen wir die Butter,
dem das Kalb entnommen war
auf kleinliche Gasscheiben
von Segen-Späne-Kommissbrot,
erpressen edle Coca-Cola
samt längst-gehackten Menschenknöchelchen
aus der oxegynated Flut,
und setzen uns zum Mahnmal Mut,
die Mahlzeit westlich-menschenrechtlich
durch die Schlangendärme
ins Ewig-Sowjet-Weltall zu verdrosseln.

Die Wasserbrühe,
mit essbarem Gefangener Sowjeter Suppensand,
aus Vitamingründen gemerzt, mit Krumpeln
vom verkohlten Lower East Side Häuserbrennen,
wird wie der heiligste Nektar,
dann sonder-gleich, zu der Behandlung
dem Judenmesser zugestehen.

Es ist so komisch, bemerke ich nur jetzt,
dem tobend Völkersturm,
der säurestärklich unterm Festtisch brüllt,
dem haben wir vergessen,
die Ballenfäuste abzuschneiden.

Es waren an dem Bankett-Tisch,
es blieben nicht gemetzelt,
bloss Löwenherzen,
unserer etwaigen, gewesenen Genossen.
 

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[17. Juni 1995]

What´s more to eat?
Der letzte Brocken, schon verfault im Munde.

What´s next to eat?
das Leben darf, die Foodesblut,
nicht keineswegs zu gehn zu Ende.

Was gibt es noch?
What´s more to squash the gnawing sorrow?
What´s more, to drown the sumpfig stagnant
des Ozeans
der toten Votzen
Pfütze?

Ah! Smoke!
Bin Mann. Nah-Gott.
Hält ab, verraucht, die Magdeburger-Lagers
New York-Zeit, für Viertelstunde.

Was noch?
Es gräbt im Schlund vergrabne Furcht?
Army-Konservenkasten U.S. condensed milk
samt Kasten ham-and-eggs
total verschlingen?

Die Frucht! möcht ich.
Nein, aber nur one can of Birnen
schön — Elfenbein enthautet
meiner Mutter supple Hüften:
Zu süss, Ihr Fleisch, too sweet!
Wird Magenwehe, jetzt,
Kleinkind-Ausschläge jehe.

Dann "Sleep!" Befehl; das Schlafen im Gehirne
(der Nichtgerechten Ungerächten)
mit Eintrittskarte, von vorausgesehner dreams,
mein Liebling seelig German Schäferhündin —
die soll appear
das hoffentlich, nicht gruselig,
nicht gruseliges Transportieren,
Bestand von meiner jugendlichen Bilderproduktion
immerwieder dann verlieren,
und dazu noch und höchstwahrscheinlich doch,
Scheinwerfer — schwarzer Nacht
und ohne jegliche Erfahrung, ein ungeschulter Lehrling,
wie man das macht,
wahrscheinlich doch zum hundertmals krepieren.
 

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[17. Juni 1995]

Der sanfte Gardeoffizier —

Blumen/Rosen blühen schwitzig grün
schmutzig
dreckig
meine Haut ist fleckig
anderswo umsonst noch nie

"Du darfst nichts zum Fressen bringen!"

Ein fürchterlicher Schlag fiel
hüften absatz schlichter weile
an meinem Kopf hinein vorbei —

und immerweile.
 

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[1. Juli 1995]

Es wimmelt grob New York vor Leuten:
Ich hab niemand zum sprechen.

Chinesen drehen
Kunst-Hecklers spähen
Heimlose flehen: mit der Uhr im Stand.

Das Karamellenwasser fliesst
über Fidel Castro
Rasputin-Russisch
in den Gross-Kanaan Palästina-Sand.

Es gibt niemand zu sprechen.
Es gibt niemand zu fressen.
Die Schüler lernen in den Schulen
den frieden freien Liebeshass.

Und Fäden —
wird gezuckt —
hinab:
doch wahrhaft nicht gesprochen
schwatz:

ganz höflich: nix verstand —
zwei Ameisen,
im Riga-Sand des Riga-Strand.
 

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[5. Juli 1995]

Ah!
wie der Zentral-Organ der arisch-Mischlingsstadt, der stinkt
sodass hinaus, auf die hehle Strasse gehen
die Gurgel mit den Wurzeln,
auf die gewes´ne Seele
springt.
 

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[17. August 1995]

DER LIEBE
        kommts niemstmals
   verschwunden;
im Immigranten-Schleich von Houston Street
verhummelt;
& verklungen;

Chinesische, von Partituren
ergeben sich
aus ihren Hüllen
in umgekehrter Richtung
Ostward, hoch!
und da ist Wüste, in dem grünen Land
gehöhrt den Liven!
(Juden!)

und Garnichts weht d
stummelnd,
über einen Ort.
 

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[27. August 1995]

Wann ist benannt
die Unterhosen tauschen
Wann wird bekannt,
die Därme auszulaufen

Wann muss gestand´
die Höhlen endlich anzugreifen!

Begreifen,
dass der König und die Königin . . .
die Königin hat rabenschwarze Augen
hat keine Kleider
(sie hat keine Augen).
 

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[4. September 1995]

So möchte ich mich, an der Treue
— stehlen
an dem Stahle
stählen
mich, an den Stalin
fegen
und den Yehovah
segnen

Kamele reiten —
dass der Wüstenwind der Einsamkeit
zunichte wird.
 

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[15. September 1995]

Wenn ich vom Schlafenreiche aufsteh
da gibt es Niemanden, der zu mir sagt
weiss —
weht
"Die Mutter".
 

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[Oktober 1995]

Ich stehe auf
hinauf —
hinab

Der Morgen, schwul,
schwült mich zum Grab

Der Morgen, Universum in dem Loch
Grüss Gott!
Grüsst mich erschütternd zitternd:
Motorrad-Entlauf!

Kraftloses Motorrad
Kraftfahrerloses Rüderad!

Maschinengründungs-Gasse
Altershasse
Mittel-Taille Wache
Die Hunderttausend-Millimeter-Grosse-Sache.
 

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[16. November 1995]

Der Heldentag ist dann — —
nicht wenn der Krieg vergeht
vergibt,
und Seele mit dem Siege stirbt.

Doch wenn der Sarg von Josef Stalin,
von Nichtgenossen,
die Genossen, auf den Schultern,
zum Balsamieren
— — trägt

— die letzte Säuberung, vielleicht
passieren muss
passieren muss!
war nicht gelungen.
 

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[3. Dezember 1995]

Ich schreibe an das Archivat
dass mir die Mütter
     nummerieren werden

dazu damit mit Einzugsbrief
die Väter/Alten
um-signalisiert
benommen werden
und schönheitshalber

die Listen
ungehämmert
auf zinkeren Stinkplatten
Heimwärts
Heim-Werts
ausgeschaltet werden.
 

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[4. Dezember 1995]

Ein sonderliches Für-Sich-Leben hat doch viel Geben,
Nehmen und Bestreben.
— Nun explodieren! Mach´s gut nur einmal
Wennsomöglich
geboten und gebetet: du sagst nun, Freisohn, laue "Nein?"

Bleib immer nur ganz hinten, in der Kolonne.
Nein, Dummkopf, nicht ganz hinten,
da kann man abgeschnitten werden,
so in der Mitte — ziemlich hinten.

Und keine Heroismen bitte.
Nur dann, beim allererletzten ohrenfeindlich Lösungsknall,
verdiene dir die kaltgeschmiedte Freiheit wieder
auf Rechnung deines Gottes spielerischen Glücks —
auf Dich allein bedacht! —
— oder auch sonst, Andersweise . . .

Kralle dem Geschichtlichen Vollstrecker, schon tot,
um den Hals noch vorher!
Wunderschön
im schwefelnd düster schwarzeblauen Dunst des
Nachtewesens
Phantasieweise . . .
 

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[1995/96]

Man strebt mit Macht und Seele, dem
Ankers Wege
seine Ziele
anzustreben.
 

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